Konrad Rufus Müller wird am 22. März 1940 in Berlin­Wilmersdorf geboren. Seine Kindheit ist geprägt durch Kriegs­ und Nachkriegserlebnisse wie die Berlin­Blockade 1947/48 und durch jesuitische Lebensphilosophie. 1960 im Alter von 20 Jahren entdeckt er im Wäsche­ schrank seiner Eltern eine alte Rolleiflex. Damals ahnt er noch nicht, dass er nicht nur einen Fotoapparat gefunden hat, sondern seine Berufung.

Mit der Vorkriegs­-Mittelformatkamera seines Vaters (Baujahr 1935) macht er bei der Generalaudienz in Sankt Peter am Ostersonntag 1960 das erste Foto eines prominenten Mannes. Papst Johannes XXIII ist sein fotografisches Urporträt, das er bis heute bei sich trägt. Unscharf, verwackelt und stark unterbelichtet. Fünf Jahre nach dieser Premiere entstehen im Jahr 1965 erste Aufnahmen eines weiteren prominenten Mannes: die mittler­ weile berühmten Porträts von Konrad Adenauer, dem ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Die Faszination für Adenauer empfindet Müller bereits als Student an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Berlin, wo er 1962 freie Malerei bei Professor Hans Jaenisch studiert. Dem Studium der Malerei kehrt er später den Rücken und erschließt sich autodidaktisch die Fotografie als künstlerische Ausdrucksform.

 

Adenauer bleibt Ausgangspunkt für eine bis heute andauernde künstlerische Auseinander­ setzung des Fotografen mit den deutschen Kanzlern, mit Mächtigen der Politik, außer­ gewöhnlichen Menschen und starken Persönlichkeiten. Als einziger Fotograf hatte Konrad Rufus Müller alle deutschen Kanzler vor der Kamera - einschließlich der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Darüber hinaus fotografierte er Staatsmänner wie Bruno Kreisky, Anwar el Sadat, Michail Gorbatschow und Francois Mitterrand sowie Künstler, Entertainer und Schauspieler von Friedrich Dürrenmatt bis Thomas Gottschalk. Aber auch andere Milieus hat Müller in seinen Arbeiten eingefangen - Bauernfamilien in Lech, Handwerker oder Gratian, einen Mann, den die Bewohner eines rumänischen Dorfes in den Karpaten für einen Werwolf halten.

 

Abgerundet wird das Werk Müllers durch Stillleben, Landschaftsporträts und Stadtansichten sowie Reportagen, beispielsweise für die Magazine der Süddeutschen Zeitung und der ZEIT, für STERN, Profil, L'Express und das Time Magazine.

 

Zugang zur Fotografie & Arbeitsweise

 

In den 60er­ und 70er­Jahren verdient Konrad Rufus Müller seinen Lebensunterhalt noch nicht mit der Fotografie. Er finanziert sich mit Stadtführungen in Berlin, mit Vorträgen für Gäste des Gesamtdeutschen Instituts und durch die Betreuung von Jugendlichen auf Reisen mit dem deutsch­französischen Jugendwerk. Seine ersten Kanzler­Begegnungen sind alle selbst organisiert, er hat dafür keinen Auftrag und erhält kein Honorar. Damit ist er in seinem fotografischen Schaffen völlig unabhängig und definiert seine eigene Rolle in der subjektiven Wertung. Dieser Zugang prägt seine Art der Fotografie bis heute. Nicht die Dokumentation öffentlicher Auftritte und Gesten, sondern vielmehr seine eigene Sicht auf die Menschen vor seiner Linse ist Gegenstand seiner Arbeit.

 

Unverwechselbar ist auch seine eigenwillige Arbeitsweise. Müller nutzt bis 1975 die alte Rolleiflex seines Vaters und seitdem ein Folgemodell. Er arbeitet nur mit „available light", dem verfügbaren Licht, ausschließlich in Schwarz­Weiß, immer analog und immer alleine. Mit der Geduld eines Jägers wartet er auf den richtigen Moment - Licht, Position, Ausdruck, alles muss zusammenpassen. Er „... wartet so lang, bis dieser eine Moment gekommen ist. Dann drückt er auf den Auslöser. Vielleicht drückt er noch ein zweites und ein drittes Mal, aber dann hat er das Bild. DAS Bild. Und es wird wie ein Gemälde wirken." (SZ Magazin, 21. März 2011).

 

Für das richtige Bild verbraucht er seltenmehr als einen Rollfilm, drückt den Auslöser höchstens 12 Mal - eine Ausnahme im Zeitalter der globalen Bilderflut. In der winzigen Dunkelkammer im Keller seines Hauses entwickelt er dann in aufwändiger Laborarbeit seine vollendete Fotografie. Die behutsame Arbeit in der Dunkelkammer gehört für Müller untrennbar zu seinem fotografischen Werk. Auf diese Weise gibt er seinen Motiven die einzigartige Ausdruckskraft und seinen Bildern die eigene Handschrift, die ihn berühmt gemacht hat.